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Das Rambacher
Wappen,
wie es sich seit 1951 amtlich abgebilligt, bis heute zeigt, leitet sich zwar
inhaltlich von den alten Siegeln des Dorfes ab - vom Aussehen her jedoch
kaum. Es zeigt vor rotem Hintergrund in Silber die so genannte "Krücke"
eines Bischofsstabes. Nun könnte man kurzerhand draus schließen,
diese Symbolik - zumal die Farbwahl ja Rot und Silber ist - sei eindeutiger
Verweis auf die Herrschaft der Mainzer Bischöfe. Dies jedoch ist weit
gefehlt. Denn in seiner heutigen Darstellung ist das Rambacher Wappen das
Ergebnis einer heraldischen Umgestaltung des alten Siegelbildes des Ortes
- und hat nichts mit Mainzer Bischöfen zu tun. Das "Gerichtsigill zv
Rambach" von 1637, das belegt fast 100 Jahre bis 1736 in Gebrauch war, zeigt
im Siegelfeld den damaligen örtlichen Schutzpatron, den heiligen Nikolaus
von Myra, als Bischof in halbfigürlicher Darstellung, versehn mit dem
Krummstab in der rechten Hand, drei goldene Kugeln in der linken. Diese Kugeln
sind dein gängiges Attribut des Heiligen. Sie versinnbildlichen drei
Goldklumpen, die Nikolaus einem verarmten Familienvater schenkte, damit dieser
seine drei Töchter nicht der Prostitution preisgeben musste. Offensichtlich
verstanden die Rambacher später ihr eigenes altes Siegel nicht mehr,
denn nur 60 Jahre, nach dem das alte Siegel belegt ist, taucht ein neues
auf. Das
"Rambacher
Gerichtsinsiegel" von 1797, dessen Siegelstempel bis heute erhalten ist.
Dieses zeigt nun statt des heiligen Bischofs einen bürgerlich gekleideten
Mann in kompletter Darstellung, der in seiner Linken einen gewöhnlichen
Stab trägt. Auch die ersten wappenförmigen Siegel zeigen diese
Darstellung, nachvollziehbar auf den Gemeindesiegeln aus der Zeit nach 1816.
Der Krummstab im Wappen Rambachs hat also nicht mit dem Bischofssitz in Mainz
zu tun. Gleichwohl taucht der Name des Ortes urkundlich erstmals in Mainz
auf - nämlich im Jahr 1264 im Güterbuch des Mainzer
Altmünsterklosters. Gegründet wurde der Ort wahrscheinlich gut
100 Jahre zuvor. Belegt ist dies jedoch nicht. Die Mainzer Zugehörigkeit
endete ungewöhnlich früh. Bereits im 14 Jahrhundert erhoben die
Grafen von Nassau Anspruch auf den Weiler, 1441 fiel er endgültig an
sie, die ja quasi einen Steinwurf entfernt Dorf und Burg Sonnenberg zur
Blüte gebracht hatten. Rambach war bis 1866 durchgehend nassauisch
geblieben, fiel dann an Preußen und wurde schließlich 1928 nach
Wiesbaden eingemeindet. Warum die Rambacher ihren Patron, den heiligen Nikolaus,
aufgegeben haben, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht gaben
sie nicht sehr viel auf seine Schutzfunktion. Das würde nicht verwundern,
sieht man auf die Geschicke, die die Rambacher im Laufe der Jahrhunderte
erdulden, besser: überleben mussten. Rambach ist ein Dorf, das sozusagen
mit Feuer und Wasser getauft wurde. Immer wieder wurde es in kriegerische
Auseinandersetzungen hineingezogen. Es wurde mehrfach geplündert,
verwüstet und niedergebrannt. Besonders schlimm erging es dem Ort im
Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648). Die Menschen wurden vertrieben,
die gesamte Flur war anschließend verwildert und musste wieder urbar
gemacht werden. Aber auch Brandkatastrophen suchten das Dorf heim. 1546,
so die Chronik, soll ganz Oberrambach mitsamt seiner Kapelle ein Raub der
Flammen geworden sein. Die Dokumente darüber selbst sind wiederum verbrannt,
nämlich um 1627/1673 - man hatte sich gerade von den Schrecken und Verlusten
des großen Krieges einigermaßen erholt - da brannte Rambach erneut
nieder. Dieses Mal waren es kaisertreue brandenburgische Truppen, die den
Ort verwüsteten - wie auch Sonnenberg. 1705 zählte das gebeutelte
Dorf so nur noch knapp über 100 Einwohner. Aber auch der Rambach selbst
setzt dem Ort immer wieder zu. 1768 und 1867 kam es zu solch schweren Unwettern,
dass das Dorf regelrecht absoff. Dem Letzteren fiel auch die alte Holzkirche
zum Opfer. Sie musste niedergelegt werden. Als Nachfolgebau wurde dann die
heutige evangelische Johanneskirche errichtet (1891 bis 1892). Dass sie im
Wappen der Bischofsstaub erhalten hat, ist so geschehen - und ein wenig um
die Ecke gedacht - eigentlich Ironie. Denn ein altes Sprichwort sagt "Unterm
Krummstab lebt's sich gut" - das traf auf Rambach eigentlich erst zu, als
es unter preußische Herrschaft stand. In all den Jahrhunderten zuvor
war der heilige Nikolaus nur allzu oft aber kein guter Hüter seiner
Kinder in Rambach gewesen.
Jörg Hofmann |
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