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Jahre ist er her, |
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Der Kellerskopfstollen in der Gemarkung
Rambach, ist der längste der vier Wiesbadener "Trinkwasser-Bergwerke"
die man um die Jahrhundertwende für die Wasserversorgung Wiesbadens
erschließen lies. Dieser
4.251
m lange Stollen, er unterquert "Theißtal", "Hohe Kanzel" und reicht
fast bis Engenhahn, wurde in den Jahren 1899 1906 gebaut und war schon
1883 als Alternative zum Schläferskopfstollen in der Diskussion. Seine
mittlere Gebirgsüberdeckung ist ca. 150 m stark und er erreicht eine
Schüttung von bis zu 1 Mio. m³ unbelasteten Wassers im Jahr.
Als zusätzliche Besonderheit führt man ihm bei Km 2.313 durch ein senkrechtes, 103 m tiefes Bohrloch, ideal auch für die Be- und Entlüftung des Stollens, zusätzlich Wasser der Gewinnungsanlagen im Theißtal zu. Eine moderne Aufbereitungs- und Entsäurungsanlage in Form eines Turmes und das historische Portalbauwerk, bestimmen heute den sichtbaren Teil des Stollens. Am Anfang standen auch hier mühsame, meist kostenintensive Verhandlungen über Aufkäufe von Grundstücken, der Durchleitungs- oder Ablagerungsrechte, Entschädigungen sowie eine aufwendige Baustelleneinrichtung und Versorgungsanbindung. Als man das alles weitestgehend geregelt hatte, begann der anstrengende, bergmännische Teil. Ungewollte Wassereinbrüche, zu hartes Gestein das den Bohrern zusetzte, immer genügend Atemluft für die Arbeiter am Vortrieb, instabiles Erdreich das zuerst gesichert und ausgemauert werden mußte, oder komplett zu "Bruch gegangener Ort", behindern den Baufortschritt. Bei den ICE-Tunneln lesen wir von den Problemen in der Tagespresse, beim Kellerskopfstollen ist es der Bauakte zu entnehmen. So unterschiedlich die Ziele der Bauvorhaben waren und sind, gibt es dennoch manche Parallelen. So kann man z.B. nachlesen, dass es am 29./30. Mai 1904 bei Km. 3,733 einen Einbruch gab, bei dem Schutt- und Wassermassen den Stollen auf gut 200 m verwüsteten und bis zu 1.700 m³ Wasser täglich, den Sand bis zum "Stollenmund" schwemmten. Eine gute Woche später hatte man sich wieder der früheren "Stollenbrust" genähert, als die Schuttmassen erneut in Bewegung gerieten und Mensch und Gerät mit sich fort rissen. Mehrere Bergleute wurden verletzt und der Stollen erneut auf 300 m verschüttet. Als am 9. Juli ein weiterer Einbruch erfolgte der sich bis zur 2.500 m Marke auswirkte, beschlossen die technisch Verantwortlichen, diese kritische Stelle zu umgehen. Erneute, kleinere Vorkommnisse behinderten immer wieder die Bauarbeiten, bis es bei der Nachtschicht am 11./12. Juli 1905 wieder zu einen gravierenden Zwischenfall kam. Als man gerade im Bereich 3.800 m tätig war, brach das Gebirge auf einer Breite von gut 5 m ein und schloß neben drei Maurern auch fünf Bergleuten ein. Nachdem sich diese Nachricht über Rambach bis nach Wiesbaden verbreitet hatte, eilten Hilfsgruppen herbei, die allerdings zum Glück kaum noch benötigt wurden. Da die Maurerbühne z.T. standgehalten hatte und deshalb Hohlräume entstanden waren, war die Luftzufuhr gesichert, das Wasser konnte abfließen und verhinderte so ein Ertrinken der Eingeschlossenen, die nach gut 12 Stunden unverletzt geborgen wurden. Im Sommer des Jahres 1905 waren im Schnitt noch rund 60 Arbeiter mit Nacharbeiten beschäftigt. 2.646 m des Stollens mauerte man vollständig, 1.605 m nur an der Sohle aus, verlegte 4.200 m Grubengleise auf 4.200 Betonschwellen für die Zweisitzer-Draisine mit Anhänger, die das Begehen / Befahren des Stollens zukünftig erleichtern sollte. Mit dem Einbau von Verschlüssen in Form von Drucktüren bei 1.086 m und 2.844 m, hinter ihnen staut sich das Wasser in Stollen und Gesteinshohlräumen, wurde die Anlage offiziell im Mai 1906 in Betrieb genommen. Eine Teilnutzung erfolgte schon früher, denn 1900 hatte die Gemeinde Rambach, nach zähen Verhandlungen und gegen Zahlung erheblicher Entschädigungen, der Leitungsverlegung und Durchleitung des Wassers auf ihrem Gebiet zugestimmt. Endpunkt der Leitung sollte der 1902 errichtete "Hochzonenbehälter" auf dem Neroberg sein, der gegenüber dem Stollenausgang am Kellerskopf (260 m NN), um 12,5 m tiefer lag. Damals wie heute führt eine 450 mm starke Leitung durch den Ortskern Rambachs, entlang der Straße "Am Burgacker" zunächst zum ca. 4,4 km entfernten Hochzonenbehälter "Fichten" in der Gemeinde Bierstadt. Von hier zweigen zwischenzeitlich mehrere Leitungen ab, u.a. für Bierstadt, zum Wasserturm Bingert, nach Wiesbaden sowie immer noch die Hauptleitung zum Hochzonenbehälter Neroberg, der hochgelegene, nördliche Wiesbadener Stadtteile mit Wasser versorgt. Dieses Zuführungsrohr durchquert das Sonnenberger Tal und wird über Tennelbach, Tränkweg, Kapellenstraße zum Neroberg geführt. Auch Sonnenberg verhandelte damals zäh und so konnte man erst 1906 diese 3.8 km lange Verbindungsleitung in Betrieb nehmen. Der hydrostatische Druck am tiefsten Punkt dieser Leitung beträgt 118 m Wassersäule. Aus diesem Grund verwendete man damals gußeiserne Röhren mit speziellen Bleivolldichtungen die dem Druck standhielten und nur einen Wasserverlust von knapp 3 Liter pro Stunde zuließen. Auch hier zeigt sich wieder, dass man unter Ausnutzung des natürlichen Gefälles und einer geschickten Rohrtrasse, auf enegieverzehrende Pumpen im Dauerbetrieb verzichten kann. Quelle: Dieter Schörnig |
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