Turnen in Rambach

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Unter der Terrasse und der Bühne des "Saalbau Taunus" war auf der untersten Ebene zum Bach (Rambach) hin, ein großer zweigeteilter Raum, der von den Turnern als Übungshalle genutzt wurde. Zu ihm führten 40 Stufen hinunter. Ursprünglich waren die Räume eine Kegelbahn. Der hintere Raum hatte gestampften Boden. Auf der Fensterseite war ein asphaltierter zwei Meter breiter Streifen für die Kegelkugeln. Es war feucht und manches mal tropfte Wasser von der Decke, von der lange Seile mit Ringen zum Turnen hingen. Es gab eine Sprunggrube, darüber ein im Boden verankertes Reck-Turngerät. Hanteln zum Stemmen (paarweise verschweißte Eisenkugeln mit Stangen dazwischen) lagen auf dem Boden. Barren und Seitpferd waren im vorderen Raumaufgestellt. Heizung gabe es nicht und die Beleuchtung war jämmerlich. Im Zugang dieser Räume, der fast 15 m lang war, hing eine 25 Watt Lampe. Ihr Schalter aus Porzellan war in der Mitte durchgebrochen. Wenn man nicht aufpasste, bekam man einen Stromschlag.

Im Sommer, bei schönem Wetter, gingen wir zum Turnen manchmal auf den Platz hinter der Kirche und machten dort Freiübungen und Leichtathletik (es war der alte Turnplatz). Im Jahr 1875 wurde er in Gemeinschaft zwischen Turnern und Gemeinde geschaffen. Ein Sportplatz im heutigen Sinne war er nicht. Die teilweise noch mit Bäumen bewachsene frei Fläche von ungefähr 2.500qm war der Landschaft angepasst. Hügel, Bäume, Büsche und Reste alter Fundamente mussten entfernt werden. Die behauenen Steine liegen noch heute zwischen Hang und Bach, gegenüber dem Roten-Kreuz-Haus. Südwestlich war die Hälfte des Platzes eben. Hier war, in einer Kastanien-Allee, eine 60m Laufbahn mit drei Spuren. An ihrem Ende nach Süden befand sich eine Sprunggrube für Weit-, Hoch- und Stabhochsprung. An ihrem Anfang waren zwei ca. 2m hohe Holzpfosten eingelassen. Oben konnte eine Eisenstange befestigt werden, an der wir Klimmzüge und Rollen machen konnten. Über eine Schnur wurde auch Hochsprung geübt. 10m weiter stand eine alte 8x5m lange breite Scheune mit einem einzigen Raum, der halb mit Deckenbalken versehen war. Sie war Gemeindeeigentum. Die Turner haben dort ihre Geräte abgestellt und auch manchmal darin geturnt. Wir sagten dazu "Turnhäuschen". In meiner Kindheit stand es leer und um 1935 wurde es abgerissen. Dem "Turnhäuschen" gegenüber, am Hang zur Ev. Kirche, stand ein Klettergerüst. Wie eingroßer Galgen ragte es 4m lang und 3m breit noch oben. Am linken Balken waren senkrechte Sprossen angebracht, davor schräg, an das Gerüst angelehnt, eine Leiter. Mit ihr gelangte man nach oben und rutschte über den Querbalken. An zwei Stangen ging es nach unten, es war sehr massiv. Gut ein drittel des Platzes stieg in einem Oval zur Einfahrt merklich an. Bei Regen wurde hier ein Faulfelsrücken mit Wasserrinnen sichtbar. Kugelstoßen, Schleuderball, Diskus und Speerwerfen sowie Geräteturnen wurden auf dem Platz durchgeführt und geübt.

Um 1900 sollte der Turnplatz vergrößert werden. Die Gründung des "Arbeiterturn- und Sportverein war im Gespräch. Der Vorstand der Turnerschaft begann Verhandlungen mit dem Bürgermeister über den bau eines neuen Sportplatzes. Die Turner schlugen das Gelände vor auf dem sie ihr Waldfest abhielten. Dort, wo heute unser neuer Sportplatz (Jahn-Sportplatz) ist, war ein flaches Stück Wald, in dem mehrere Lichtungen waren, nur Gras und Buschwerk. Der Gemeinderat hatte jedoch Bedenken, denn diese Stelle war für die Bauern von Rambach wichtig. Jedes Jahr kam von Bierstadt der Gemeinde-Bullen hierher, um die Rambacher Kühe zu decken. August Mauer schlug eine Ersatzlösung vor, diese wurde angenommen. Die Rambacher nannten es bald "Kuhberg" und dieser befand sich auf der Höhe der jetzigen Trompeterstraße 26, um 1952 wurde der Berg abgetragen, Grund war der Bau von Wohnraum/Trompeterstraße.

1914 begannen der Verein und die Gemeinde mit dem Bau des Sportplatzes, auch die Finanzierung war nicht einfach. Als es im August zum 1. Weltkrieg kam, wurden die Arbeiten eingestellt. Es ging aber trotzdem weiter. Peter Besier (früher wohnhaft in Rambach, Platterstr. 3, heute Trompeterstr. 13) organisierte mit Rambacher Buben und Jugendlichen einen Bautrupp. Unter seiner Anleitung gingen die Arbeiten weiter. Wer Zeit hatte, arbeitete mit Schaufel, Pickel oder Schubkarren auf dem Sportplatz. Christine Brockmann, Tochter von Fridolin Zerbe, sagte mir, sie habe von ihrem Vater gehört, dass Buben dort oft mit dem Fuhrwerk der Eltern geholfen haben. Bis 1918 gingen die Arbeiten. Hugo Deucker hat mir erzählt, dass die Kosten für den bau des Sportplatzes sich laut Gemeinderechner auf 800,00 RM beliefen. Die Maße des Spielplatzes waren 90 x 60m. Von Süd nach Nord ist der Platz um ca. einen Meter gefallen. Seine Decke war rau, von grün-grauem verwitterten Faulfels. Der Platz war auch bei Regen gut bespielbar, nur die Wasserrinnen störten. Bald war reges leben auf dem Platz und 1919 gründete sich der Fußballverein Rambach. Zum Training wurden die Tore auf und wieder abgebaut. 1921 erweiterte der Turnverein den Platz. An der linken oberen Seite wurde eine Sprunggrube gebaut und die 60m Laufbahn auf 100 m erweitert.

Um 1930 baute das Fortsamt an der oberen rechten Seitenlinie eine ca. 10m und 4m breite Holzbaracke. Zur Hälfte diente sie als Aufenthaltsraum für die Waldarbeiter, der Rest war Gerätelager. Sonntags war abgeschlossen. Erst nach dem II. Weltkrieg wurde sie als Umkleidekabine genutzt. Im Rahmen der 60 Jahrfeiern der Turner spielte der Fußballverein Rambach gegen Idstein, es wurde 5:0 gewonnen. Jedes Wochenende waren Veranstaltungen: Der Fußballverein und der Arbeiter spielten Fuß- und Handball, es gab Turnfeste, Leichtathletik- und Vereinwettkämpfe. Umkleide und Duschen gaben es noch nicht, diese kamen erst nach 1957. Eine Quelle im Wald und das große Gießfass mussten reichen. Ab 1930 gab es eine Zuschauerbarriere um den Platz. Die Vereine mussten sie pflegen. Einen Zaun gab es nicht. Bei Fußballspielen waren vier Kassierer notwendig, zwei gingen links und zwei gingen rechts um den Platz, denn manche Zuschauer liefen vor den kassieren davon.

Das jetzige Haus der Kerbegesellschaft war früher, (um 1930 gebaut) ein Unterstellhaus mit zwei Räumen, einer für den Totenwagen, der andere für das Gießfass der Gemeinde.

1931 gab es ein großes Turnfest. Es war auf dem alten, dem neuen Sportplatz und im "Saalbau Taunus" statt. Ich war als Zuschauer dabei.

1951 wurde die Fußballmannschaft vom TuS Rambach A-Klassen-Meister der Klasse Wiesbaden/Rheingau und kam in die Amateur-Liga. Alle Spieler wünschten sich einen besseren Platz, die schräge sollt weg.

Zum Umbau des Platzes siehe: Meine Fußballzeit 1935-1970

Text: Heinz Steinle 8/2011