250 Jahre Stickelmühle

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Lange schon ist ihr klapperndes Mühlrad verstummt und kein helles Glöckchen zeigt mehr an, dass ein Mahlgang leergelaufen. Nur die romantische Lage der Stickelmühle zwischen Sonnenberg und Rambach, am Eingang zum Goldsteintal ist geblieben, die rund 250 Jahre alt ist. Oft ist schon die Frage gestellt worden, was von ihrer Geschichte bekannt sei; Seit über 75 Jahren wird dort nicht mehr gemahlen.
1703 suchte Johann Adam Gollig von Kloppenheim beim Fürsten Georg August von Nassau um die Erlaubnis nach, eine Mahlmühle beim Goldsteintal errichten zu dürfen. Kaum war der Antrag gestellt, als der Mehlhändler Konrad Späth aus Idstein, ein gebürtiger Mosbacher, davon Wind bekam und ebenfalls ein Gesuch an die Landesregierung richtete, ihm die Genemigung zu erteilen am gleichen Platz eine Mühle erbauen zu können. Golling erhielt die behördliche Genhmigung doch konnte er die Baukosten nicht zusammen bringen. Späth beantragte daher erneut, dass ihm der Platz zum Verbauen vergönnt werde. Golling musste darauf hin den Bauplatz an Späth abtreten, was aus einem Protokoll des Schultheißen M. Schaller von Kloppenheim ersichtlich ist. An Pacht für die Inanspruchnahme des Wassers waren 10 Malter Korn jährlich zu entrichten.
Bis zum 16. Januar 1709 hatten sich die Verhandlungen hingezogen, denn auch damals wieherte schon der Amtsschimmel. Erst unter diesem Datum wurde die Genehmigung zum Weiterbau der Mahlmühle erteilt. Der Name Stickelmühle, den das Anwesen erhielt, leitet sich vom "Stickelwald" und dem nahen "Stickelbach" ab. Durch den häufigen Wechsel der Besitzer und auch beim jedesmaligen Regierungsantritt eines neuen Landesherren mussten, damaligen Brauch folgen, stets auch die Mühlenbriefe neu ausgestellt werden, was sehr ins Geld  ging, aber der Nachwelt genaue Auskunft über alle Mühlenpächter und ihre Nöten überliefert hat.
Nach Späth war Martin Bender der Pächter. 1719 musste sich dieser gemeinsam mit dem Müller Johann David Kraft aus Sonnenberg gegen den Bau einer weiteren Mühle unterhalb Sonnenbergs durch Peter Kaltenborn verwahren, da ihr Narungsstand hierdurch betroht werde. Fürst Karl von Nassau stellte 1739 dem Stickelmühller Daniel Schneyder den Mühlenbrief neu aus. Bis 1774 war Schneyder Besitzer dieses Anwesens. Da er mehrfach Äcker und Wiesen, auch ein Pferd, veräußerte, liegt der Schluß nahe, dass sein Mühlengeschäft nicht allzu ertragreich war. Schneyders Schwiegersohn Valentin Buch war der nächste Pächter. Für nicht weniger als 12 Personen hatte dieser zu sorgen und daher war meist Schmalhans Küchenmeister auf der Mühle. 1775 konnte er die 10 Malter Wasserlaufkorn nicht aufbringen und zwei trächtige Kühe wurden ihm daher gefändet. Die bewegten Klagen an den Landesfürsten, deren Stichhaltigkeit vom Rambacher Schultheis Simon bestätigt wurden, geben auch für die Gründe für den Niedergang der Mühle an: der Mahlbaum war gebrochen und die Mühle hatte von Andreas bis Fastnacht still gestanden. Eine Kuh war ihm eingegangen  und weil er unerlaubterweise einen Baum gefällt hatte, wohl um den zerbrochenen Mühlbaum zu ersetzen, musste Buch vier Wochen hinter schwedischen Gardinen des Stümpert in Wiesbaden. Außerdem hatten die Bauern wenig zu mahlen, da im vergangenen Jahr wenig Getreide geerntet worden war. Aus all diesen Gründen bat Buch um Nachsicht, die ihm auch vom Landesherren gewährt wurde. Da sich im nächsten Jahr die Verhältnisse nicht besserten bekam er einen Teil der Pacht erlassen.
1780 wurde Jakob Wagner Mühlenpächter. Sein Sohn und Nachfolger, Heinrich Wagner, schrieb 1815 an die Hofkammer: "Ich hatte das Unglück, durch eine Überfall der Kosaken meinen ganzen Vorrat an Früchten und Fouragen zu verlieren." Mit der Blücherarmee waren die Steppenreiter in Nassau erschienen. An ihrem Verhalten war kaum zu bemerken, dass sie als Befreier kamen. Das herzogliche Oberamt in Wiesbaden ließ den Schaden aufnehmen und von Schulheißen Dörr in Sonnenberg beglaubigen. Danach waren die Verluste Wagners beträchtlich. Während die Kosaken auf der Hammermühle nur übers Tor geklettert waren und einigen Hühner die Hälse umdrehten, hatten sie die Stickelmühle ratzekahl geleert.
Glücklichere Tage kamen dann für die Mühle und ihre Pächter in der friedlichen Zeit nach den Freiheitskriegen im alten Herzogtum Nassau, dessen Tagen wie eine golden besonnte Vergangenheit anmuten.

Text: Stadtarchiv Wiesbaden