Haus Nr 4-5 |
|
a | |
Erbaut 1578 gilt das Haus in der Kitzelbergstraße 4-5 mit 436 Jahren als ältestes Wohnhaus der Landeshauptstadt. Dass das Häuslein, das sich von seinem äußeren Erscheinungsbild recht unscheinbar gibt, heute noch steht und nicht für einen Neubau niedergelegt wurde, ist glücklichen Umständen zu verdanken: 2004 ist Hans-Hermann Reck im Ortsteil Rambach unterwegs. Im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege arbeitet der renommierte Bauhistoriker an einer umfassenden Wiesbadener Denkmaltopografie. In dem zwischen Jakobsgasse und Kitzelbergstraße eingezwängte Anwesen, woran bisher nur achtlos vorübergegangen wurde, erkennt sein geschulter Blick sofort, dass es sich keinesfalls nur um irgendwelches in die Jahre gekommenen Gemäuers handelt. "Die kleinen Fensteröffnungen, das kräftige vorragende Obergeschoss und auch der Gesamteindruck der Hofreite wiesen auf ein Baujahr deutlich vor 1800 hin", erinnert sich Reck, der die Inaugenscheinnahme dementsprechend mit einer Aufnahme in die Denkmalliste abschließt. Und damit aber auch den gesamten Vorgang schon wieder vergessen hat. Bewegung in die Geschichte kommt mit dem Abbruchbegehren des zwischenzeitlich neuen Eigentümers der Kitzelbergstraße 4-5, der 2011 hier drei Einfamilienhäuser bauen möchte und aus allen Wolken fällt, als er erfährt, dass das gesamte Anwesen unter Denkmalschutz steht. Mittels eines Gutachtens soll Reck nun klären, ob die Unterschutzstellung zu Recht erfolgte. Sensation für Bauhistorie Mehrere, dem Bauholz entnommenen Bohrkerne - Dendnochronologie heißt die Methode - kann das Gebäude dann jahrgenau auf 1578 datieren. "Für Wiesbadens Bauhistorie schon eine Sensation", ordnet Reck seine Entdeckung ein, besonders vor dem Hintergrund, dass in der Landeshauptstadt aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg stammende Wohnhäuser ziemlich rar sind. Mit einiger Gewissheit war der Erbauer des acht Mal sechs Meter Grundfläche messenden, ältesten Wiesbadener Hauses ein Ackerbauer. Eide Vollgeschosse sind durch eine Querwand in zwei Zonen unterteilt, von denen die Küchenzone, charakteristisch für die Entstehungszeit etwas breiter ist als die Stubenzone. Unter der Stube liegt ein Keller mit Balkendecke, der Dachraum diente wohl als Speicher. "Die Häuser jener Zeit waren schon auf eine gewisse Weise standardisiert und den Erfordernissen ihrer Bewohner perfekt angepasst", erklärt Reck. Entsprechend kommen in dem Bauernhaus kunstvoll gestaltetes Fachwerk oder gar Schmuckschnitzereien keine vor. Im Gebäudeinneren erkennbares Fachwerk spiegelt kaum mehr als bloße Funktionalität wider. Das niedrige Obergeschoss ist für einen normalen Angehörigen des 21. Jahrhunderts nur eingeschränkt nutzbar. Zumindest für ein klein wenig Wohlstand späterer Bewohner spricht die Dimension der 1669 errichtete Scheune. Wie es mit Wiesbadens ältestem Haus angesichts seines Sanierungsbedarfs und der begrenzten Nutzungsmöglichkeiten weiter gehen wird, ist derzeit völlig offen. Eine vom Denkmalpflegeamt in Auftrag gegebene Untersuchung mit Nutzungskonzept für das gesamte Grundstück soll nun das Interesse potentieller Erwerber wecken. Quelle: Wiesbadener Kurier vom 26.04.2014 von Joachim Atzbach
|