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"Es müssen entscheidende Schritte
unternommen werden, um das deutsche Volk und die europäische Kultur
zu retten. Es ist tragisch, zu Mitteln greifen zu müssen, die ich aus
meiner ganzen inneren Einstellung heraus ablehne. Wir werden auch bestenfalls
kein eigenes Leben mehr haben, das werden wir unseren Kindern und der Zukunft
des Deutschen Volkes zum Opfer bringen müssen. Doch um dieser Zukunft
willen muß es sein. Es ist schon sehr, sehr spät, aber noch nicht
zu spät."
Adolf Reichwein, Ende Juni 1944, zitiert
von Alfred Valdmanis |
Adolf Reichwein entwickelte und erprobte
in reformpädagogischen Modellen, ebenso wie in der Arbeiter- und
Lehrerbildung, neue und richtungsweisende Bildungsformen.
Er glaubte an die gesellschaftsverändernde Kraft dieser Bildungsarbeit
und starb für seine politischen und pädagogischen
Überzeugungen.
Geboren 1898 in Bad Ems. Als Sohn einer sozialdemokratischen Lehrerfamilie
wächst er im hessischen Ober-Rosbach bei Friedberg auf. Wesentliche
Prägungen erhält er durch die schulische Arbeit seines Vaters,
die "Wandervogelbewegung" und seine Erlebnisse an der Ost- und Westfront
im Ersten Weltkrieg.
Noch während des Kriegseinsatzes erkennt er unter dem Eindruck seiner
Erlebnisse und erster Beschäftigung mit den Ideen Grundtvigs, daß
im Nachkriegsdeutschland soziale Umwälzungen auf der Grundlage umfassender
reformierter Volksbildung notwendig sein würden und setzt diese
Überzeugung in unterschiedlichen beruflichen Aufgaben konsequent als
Erwachsenenbildner und Reformpädagoge bis in die Zeit des
nationalsozialistischen Regimes um. In den nur rund zwanzig Jahren seines
beruflichen Wirkens wird Adolf Reichwein zu einer der führenden
Persönlichkeiten der deutschen Erwachsenenbildung. Seine
Veröffentlichungen "Das Schaffende Schulvolk" und "Film in der Landschule"
zählen noch heute zu den Standardwerken der späten
Reformpädagogik bezw. der Medienpädagogik.
Reichwein gehört zum Freundeskreis um Helmuth James v. Moltke und beteiligt
sich seit Ende den dreißiger Jahre an zahlreichen Gesprächen und
zwei offiziellen Treffen des "Kreisauer Kreises", verantwortlich für
das kulturpolitische Programm dieser Widerstandsgruppe.
Am 4. Juli 1944 wird Reichwein durch die Gestapo verhaftet, am 20. Oktober
1944 vom "Volksgerichtshof" in einem Schauprozeß zum Tode verurteilt
und am gleichen Tag in Berlin - Plötzensee hingerichtet. |